Die Blutgruppen
Auf der Oberfläche der Erythrozyten finden wir eine große Anzahl unterschiedlicher zuckerhaltiger Membranbestandteile (Glykolipide bzw. Glykoproteine), welche die sogenannten Blutgruppenantigene bilden. Beim Menschen sind über 100 solcher vererbbarer Antigene bekannt. Das AB0-System und der Rhesusfaktor sind von diesen Antigensystemen die wichtigsten.
Innerhalb des AB0 Systems unterscheidet man vier Blutgruppen.
Blutgruppe
Antigen auf Erythrozyten
Antikörper im Blutplasma
A
A
anti-B
B
B
anti-A
AB
AB
keine
0
kein AB0-Antigen
Anti-A und Anti-B
Die vier Blutgruppen werden nach den Mendel’schen Regeln vererbt, die Allele A und B sind kodominant, das Allel 0 ist rezessiv. Jeder Mensch hat zwei AB0-Blutgruppen-Allele, eines von der Mutter und eines vom Vater. Folgende Tabelle zeigt das Vererbungsschema:
Blutgruppe
A
B
O
A
AA
AB
A0
B
AB
BB
B0
0
A0
B0
00
Anders als bei der normalen Antikörperbildung sind beim AB0-System (außer AB) immer Antikörper vorhanden. Sie entstehen durch Sensibilisierung mit den Oberflächenantigenen verschiedener Bakterien in den ersten Lebensmonaten und werden auch als Agglutinine bezeichnet.
Abb. 1: Blutgruppen
Neben dem AB0-System besitzt das aus verschiedenen Antigenen bestehende Rhesus-Blutgruppensystem eine wichtige klinische Bedeutung. Das stärkste und wichtigste ist das Rhesus-Antigen D.
Personen, die das Rhesus Antigen D besitzen, bezeichnet man als rhesuspositiv, abgekürzt Rh(D)+, und die Personen, die das Antigen nicht auf ihren Erythrozyten tragen, als rhesusnegativ, also Rh(D)-. In Mitteleuropa sind ca. 85% der Bevölkerung Rh(D)+ und nur 15% Rh(D)-.
Antikörper gegen Rhesus-Antigene kommen - im Gegensatz zum AB0-System - nicht natürlicherweise vor, sondern entstehen erst dann, wenn Blut von rhesuspositiven Spendern auf rhesusnegative Empfänger übertragen wird. In diesem Fall wird der Empfänger gegen das Rhesusantigen sensibilisiert, das heißt, er bildet Antikörper gegen die rhesuspositiven Erythrozyten. Problematisch wird es bei einer zweiten Transfusion, da dann nämlich schnell große Mengen an Antikörpern vorhanden sind, die dann die rhesuspositiven Spendererythrozyten sofort agglutinieren.
Einen besonderen Stellenwert hat der Rhesusfaktor auch bei einer Schwangerschaft. Gelangen die Anti-D-Antikörper einer rhesusnegativen Mutter über die Plazentaschranke in einen (rhesuspositiven) fetalen Organismus, können diese die rhesuspositiven Erythrozyten des Fötus agglutinieren. Dadurch tritt eine Hämolyse (Auflösung von Erythrozyten) ein und das Leben des ungeborenen Kindes ist ernsthaft bedroht. Dies bezeichnet man als Morbus haemolyticus neonatorum.
Ähnlich der Problematik einer Transfusion mit falschem Rhesusfaktor kann es auch bei einer Bluttransfusion mit einer unterschiedlichen Blutgruppe zur Agglutination (Verklumpung) der Erythrozyten kommen. Dies geschieht durch die Reaktion der Blutgruppenantigene mit den entsprechenden Antikörpern, was zur Folge hat, dass die Erythrozyten hämolysieren (sich auflösen). Ein Transfusionszwischenfall ist besonders stark ausgeprägt, wenn das Empfängerplasma bereits Antikörper gegen die Spendererythrozyten gebildet hat (z.B. bei einem zweiten Vorfall). Vollblutspenden sind heutzutage sehr selten, in der Regel wird ein reines Erythrozytenkonzentrat transfundiert.
Aufgrund der potentiellen fatalen Folgen bei einer Bluttransfusion mit einer falschen Blutgruppe muss der behandelnde Arzt vor jeder Transfusion die Blutgruppe des Patienten bestimmen. Mithilfe unkomplizierter Tests (Bedside-Test, kleine und große Kreuzprobe) kann die spezifische Verträglichkeit getestet werden.